Der Stiftspfarrchor St. Augustin geht auf den Augustiner Propst Franz Josef Schaitter (1698-1752) zurück, der den Chor gegründet hat in der Absicht, die Pfarr- und Klostergottesdienste des Klosters Gries bei Bozen feierlich zu gestalten. Der Chor wurde nach dem Namen des Kirchenpatrones benannt und nennt sich bis heute Stiftspfarrchor St. Augustin. Obwohl die Benediktiner, die 1845 von Muri in der Schweiz nach Gries kamen, immer wieder musikalische Mitbrüder hatten, lag die Leitung des Chores doch lange in weltlicher Hand. Es waren aber stets sehr qualifizierte und besonders ausgebildete Fachkräfte, denen man den Stiftspfarrchor anvertraute.
Erst mit P. Oswald Jaeggi trat ein Benediktiner an das Notenpult des Stiftspfarrchores. Und dies auch eher zufällig, denn sein Vorgänger Dr. Anton Mayr starb überraschenderweise nach kurzer Krankheit und so wurde die Chorleiterstelle 1952 vakant. P. Oswald Jaeggi sprang ein und vermochte es, innerhalb kurzer Zeit die Chorgemeinschaft zu einem hervorragenden Klangkörper heranzubilden. Die Auswahl der musikalisch liturgischen Musik fiel nun zunehmend auf aktuelle Kirchenmusik des 20. Jahrhunderts. Er selbst schrieb für seinen Kirchenchor viele Werke, unter anderem das Proprium „Dum clamarem“ oder das Himmelfahrtsproprium „Viri Galilaei“, das er der damaligen Organistin Johanna Blum und seinem Stiftspfarrchor widmete. Sein früher Tod im Jahre 1963 riss eine empfindliche Lücke.
Der damalige Abt Dominik Löpfe als Protektor des Stiftspfarrchors bestimmte P. Kolumban Gschwend als neuen Stiftskapellmeister. Dieser setzte die von Jaeggi begonnene Tradition der aktuellen Kirchenmusik weiter fort, und unter seiner Leitung konnte sich der Stiftspfarrchor den Ruf eines ausgezeichneten Chores sichern, der gerne auch vom Haydn-Orchester zur Mitarbeit eingeladen wurde. So wurde unter ihm der Messias, das Brahms-Requiem und die Matthäus Passion in Zusammenarbeit mit dem Haydn-Orchester aufgeführt. Da P. Kolumban neben der Aufgabe eines Vorsitzenden der Diözesankommission für Kirchenmusik auch Vorsitzender der Orgelkommission war, hatte er genügend Fachkenntnis, um die ehemalige Orgel der Stiftskirche, die 1971 durch eine neue der Firma Mathis ersetzt wurde, im Altarraum der Stiftskirche aufzustellen. Somit verfügt die Stiftskirche Muri-Gries über zwei Orgeln, die oftmals gemeinsam zum Einsatz kommen, eine Eigenheit, auf die der Stiftspfarrchor besonders stolz ist.
1995 übernahm P. Urban Stillhard das Amt des Stiftskapellmeisters. Er bemühte sich, das kirchenmusikalische Repertoire aktuell zu erweitern und durch immer wieder neue Höhepunkte das Chorleben attraktiv zu gestalten. Der bekannte Blasmusikkomponist Jan Stanek hat ihm die Missa Lyrica gewidmet, eine lateinische Messe für gemischten Chor, 14 Bläsern und Pauken, die in Gries am 13. Mai 2001 unter Anwesenheit des Komponisten uraufgeführt wurde. Auch Gottfried Veit, der in der Pfarrei Gries wohnt, hat dem Stiftspfarrchor und seinem Leiter die Franziskusmesse geschrieben. P. Urban begann auch wieder mit der lange unterbrochenen Tradition der Orchestermessen.
Nach 66 Jahren unter Leitung von Benediktiner-Padres steht der Chor seit Oktober 2018 unter der Leitung des hauptamtlichen Kirchenmusikers Dominik Bernhard.
Der Chor hat neben seinen kirchlichen Diensten keine weltlichen Aufgaben. Er unternimmt jedes Jahr mit Freude eine Chorreise, die im Jahre 2003 beispielsweise nach Einsiedeln führte, dem Ursprungskloster von P. Oswald Jaeggi. Dort sang der Chor in Erinnerung an seinen großen Musiker und Chorleiter die Bruder-Meinrad-Messe und gestaltete mit dieser Messkomposition die Sekundiz von Altabt Georg Holzherr mit.
Als Laienchor ist der Stiftspfarrchor offen für alle, die Freude am Singen in einer Gemeinschaft und an der Gottesdienstgestaltung in ihrer musikalischen Vielfalt haben.